40 Jahre „Fünf Freunde“: die Geschichtenmacherin

Heikedine Körting bringt seit Jahrzehnten Hörspiel-Abenteuer in deutsche Kinderzimmer – die Geräusche kommen auch heute noch analog vom Band

Vierzig Jahre „Fünf Freunde“: Am 1. November 1978 erschien die erste Geschichte von Julian, Anne, Dick, George und Hund Timmy im Hörspiel-Verlag Europa. Eine war von Anfang an dabei: Hörspiel-Regisseurin Heikedine Körting. In den Köpfen der Hörer verwandelt sie ein Kugelschreiber-Klicken in eine Taschenlampe, das Hamburger Tonstudio in ein ganzes Fischereidörfchen und die Geschichten der fünf Jung-Abenteurer in wunderbares Kopf-Kino. Enkelkind.de durfte bei den Aufnahmen zur Jubiläumsfolge dabei sein. Und traf Heikedine Körting anschließend zum Gespräch über Geschichten, die Generationen verbinden.


Es sollen einfach schöne Bilder im Kopf entstehen.


 

Enkelkind.de: Frau Körting, was macht eine gute Geschichte aus?

Heikedine Körting: Ein schöner Aufbau, ein gut gewähltes Thema und interessante Figuren. Speziell beim Hörspiel kommt hinzu, dass es direkt mit einem kleinen Höhepunkt beginnen muss und schon bin ich aufmerksam und höre zu.

Alexandra Garcia (George), Ivo Möller (Julian). Theresa Underberg (Anne) und Jannik Endemann (Dick) sprechen die vier menschlichen Freunde. Hund Timmy kommt vom Band.

Den „Fünf Freunden“ gelingt das seit 40 Jahren. Wieso schaffen es manche Geschichten, Generationen zu verbinden und Kinder, Eltern und Großeltern gleichermaßen zu erreichen und andere nicht? Was ist das Geheimnis?

Die Machart. Es gibt ja auf der ganzen Welt nicht so einen Hörspielmarkt wie hier bei uns in Deutschland. Wir haben ein komplett anderes Medium gemacht: Nicht „nur“ ein Buch, auch kein „Minus zum Film“, sondern was ganz Eigenes. Es muss was Charmantes für die Großen dabei sein, was Süßes für die Kleinen, was Aufregendes für alle. Wir haben dramatisch durchgeführte Dialoge inszeniert, die einen dazu bringen, sich zurückzulehnen, die Augen zuzumachen und schon hört man den „Film“. Es sollen einfach schöne Bilder im Kopf entstehen. Da können Kinder bei spielen und Erwachsene bei entspannen und schon ist die Verbindung der Generationen da.

Die Figuren in den Geschichten sind an den abenteuerlichsten Orten unterwegs. In Wahrheit sitzen Sie aber „nur“ bei Ihnen im Studio. Wie schaffen Sie es, dass der Hörer das nicht merkt?

Mein Paradebeispiel ist das Treppenlaufen: Den jungen Sprecher gelingt es nicht immer auf Anhieb, in der sitzenden Position eine eher abgehetzte Szene zu sprechen, so etwas wie eine Verfolgungsjagd. Die jage ich dann ein paar Mal die Treppe rauf und runter, bis sie richtig außer Atem sind. Dann geht es sofort zurück ans Mikro und der Text wird eingesprochen. Ich lege dann später noch das Geräusch der Schritte drüber fertig ist die perfekte Verfolgungsjagd. Die beste Taschenlampe für jede Hörspiel ist übrigens ein einfacher Kugelschreiber: Das Klicken wird im Kopf der Hörer zum „Anschalten“ der Lampe.

Hörspiel und Hörbuch: Was ist der größte Unterschied?

Alles analog: Die Geräusche fügt Heikedine Körting von Tonbandschleifen per Hand ein

Die Geräusche. Wenn man das Hörbuch einmal gehört hat, dann kennt man den Schluss und weiß, wie es ausgeht. Man hört es sicher auch gern noch ein zweites Mal. Aber bei dem Hörspiel, wie wir es machen, hat man ganz andere Möglichkeiten: Beim ersten Mal hört man vielleicht nur auf die Handlung, beim zweiten Mal eher auf die Musik. Beim dritten Mal bemerkt man dann vielleicht etwas, das Hund Timmy von sich gibt, das einem die ersten beiden Male noch gar nicht aufgefallen war, und so weiter. Ich bekomme auch manchmal Feedback von meiner Product Managerin, die sagt, man verstehe den Text ja auf Anhieb gar nicht richtig. Ich sage dann immer: Soll man auch nicht unbedingt! Das kann man beim dritten, vierten, fünften Mal verstehen.

Dieses Jahr feiern wir 40 Jahre „Fünf Freunde“. Welches Jubiläum werden wir denn in 20, 30 oder 40 Jahren feiern welche aktuelle Serie hat das Zeug zum Kult?

Ganz klar: Hexe Lilli. In Portugal und Spanien hat die Serie schon mehr Erfolg als Harry Potter. Und ich vertraue darauf, dass auch in Deutschland eine Generation heranwächst, die eines Tages mit ihren Enkelkindern „Hexe Lilli“ hört so wie es heute der Fall mit „Fünf Freunde“ ist.

Vielen Dank, Frau Körting, für das Interview!


Heikedine Körting wurde 1945 in Jena geboren. Sie hat bereits über 2.000 Hörspiele produziert, neben „Fünf Freunde“ auch weitere Klassiker wie „Die drei ???“ und „TKKG“. Im September erschien die 128. „Fünf Freunde“-Folge: Fünf Freunde und der unsichtbare Feind. Heikedine Körting wurden über 180 Goldene und mehrere Platin-Schallplatten verliehen. Unter dem Pseudonym Pamela Punti spricht sie selbst kleinere Rollen in ihren eigenen Hörspielen. 2019 feiert Heikedine Körting ihr eigenes Jubiläum: Dann wird es 50 Jahre her sein, dass sie ihr erstes Hörspiel-Skript geschrieben hat.

Mehr von Silke Schröckert
Eifersüchtig auf die „andere Oma“?
Als Mama war man einzigartig. Den Status „Oma“ muss man teilen. Und...
Mehr lesen ...
Join the Conversation

2 Comments

Schreibe einen Kommentar
Hinterlasse eine Nachricht

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.