Wenn man etwas Falsches tut, aber aus den richtigen Gründen – ist man dann einer von den Lieben oder einer von den Bösen? Diese Frage beschäftigt die Kinder unserer Autorin, seitdem sie „The Legend of Hei. Die Kraft in Dir“ gesehen haben.
Hei ist ein kleiner Katzenspirit. Das bedeutet: Er ist ein spirituelles Geisterwesen, das seine Gestalt ändern kann. Aus dem aufgeweckten Kind wird in einem Moment plötzlich ein süßes Kätzchen mit großen, neugierigen Augen. Und im nächsten Augenblick ein riesiges, bärenartiges Wesen, das schon durch seine bloße Erscheinung Eindruck hinterlässt.
Eine Vielzahl dieser sogenannten Spirits lebt in „The Legend of Hei“ friedlich unter uns Menschen. Doch direkt zu Beginn der Geschichte wird der wäldliche Lebensraum von Hei und vielen anderen Spirits durch Menschenhand zerstört. Und so macht sich der junge Hei auf den Weg, eine neue Familie und einen neuen Zufluchtsort zu suchen.
Auf seiner Reise trifft Hei auf andere Geisterwesen, die davon träumen, ihr Land zurückzuerobern. Doch noch bevor Hei richtig in ihre Gruppe aufgenommen werden kann, wird er von einem Menschen entführt. Hei muss sich auf der nun startenden abenteuerlichen Reise mit dem Konzept von Gut und Böse auseinandersetzen und nach und nach für sich entscheiden, was das genau für ihn bedeutet.
Ist der jetzt einer von den Bösen oder einer von den Guten?
Keine Frage: Mein Sohn ist vor allem von den Szenen begeistert, in denen „die Guten“ auf „die Bösen“ treffen. Die künstlerisch inszenierten Kämpfe lassen ihn mitfiebern und aufgeregt aufspringen: „Boah! Hast du das gesehen, Mama?“
Klar hab ich, denn die oberste Regel bei uns Zuhause lautet: Neue Filme schauen die Kindern nicht allein, sondern immer mit einem Elternteil zusammen. Nur so kann man über das Gesehene im Anschluss sprechen und eventuell aufkommende Fragen der Kinder beantworten. Im Falle von „The Legend of Hei“ sitzen wir beide, mein Mann und ich, und sogar die kleine Schwester vor dem Fernseher – und so endet auch der heutige Filmabend nicht mit dem Abspann des Films, sondern geht in einer angeregten Familiendiskussion über „Gut“ und „Böse“ weiter.
Denn in „The Legend of Hei“ gibt es kein Schwarz und Weiß, kein klares Gut und Böse wie in klassischen Märchen oder vielen amerikanischen Trickfilmserien. Eine Figur, die wir zunächst alle lieb gewinnen, wendet sich im Verlauf des Films gegen den kleinen Hei. Doch die Gründe dafür kann selbst unser siebenjähriger Sohn nachvollziehen. „Ist der jetzt einer von den Bösen oder einer von den Guten?“, möchte er deshalb wissen. Die anschließende Erklärung meines Mannes, dass man das nicht immer so klar benennen kann (und warum es sogar gut ist, dass das so ist), ist meiner Meinung nach eine der schönsten und wichtigsten Lektionen, die unser Sohn in jüngster Zeit verinnerlicht hat. Und das verpackt in einen (auch für Erwachsene!) unterhaltsamen und liebevoll animierten Familienfilm.
Unsere Tochter ist vor allem begeistert von Hei in seiner süßen Katzengestalt. Die kleine schwarze Katze mit riesigen Kulleraugen war in China bereits 2011 ein Internetphänomen. Zehn Jahre später erobert die Geschichte des jungen Katzenspirits nun die ganze Welt: In Japan ist „The Legend of Hei“ der erfolgreichste chinesische Animationsfilm aller Zeiten.
Seit Mai 2021 ist der Film auch bei uns auf DVD erhältlich – und vermittelt in einer märchenhaften und farbenfrohen Umgebung wichtige Werte über Moralvorstellungen und das eigene (Selbst)Bewusstsein.