Oma werden ist einfach. Oma sein auch?

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Die Liebe zu den Enkelkindern ist unbeschreiblich, die Freude über Zeit mit ihnen riesengroß! Und doch darf man als Oma die eigenen Bedürfnisse nicht aus den Augen verlieren. Die heutige Müttergeneration kennt sich aus mit „Selfcare“. Tun wir Großeltern das auch? Dreifach-Oma Corinna macht sich auf der 450 Kilometer langen Fahrt zu ihrer Enkeltochter ihre Gedanken zu diesem Thema. Und hat für alle gleichgesinnten Omas einen wertvollen Buchtipp mitgebracht.


Oma werden ist nicht schwer. Aber Oma sein …?


Der Koffer ist gepackt und die Vorfreude auf ein paar Tage „Enkelurlaub“ mit dem Wiedersehen der jüngsten Enkelin (und natürlich auch den Kindern) ist riesengroß.

Im Vergleich zu meinen Enkeln in der nächsten Großstadt, die öfter mal am Wochenende bei uns sind, sehe ich unsere Jüngste aufgrund der 450 km Entfernung seltener. Es tut der Liebe keinen Abbruch, jedes Kind ist sowieso einzigartig und doch mache ich mir natürlich so meine Gedanken. So sind wir Ladys im besten Alter, nicht wahr? Wir möchten stets alles „richtig“ machen.

So freue ich mich zum Beispiel schon sehr auf ein Wochenende der Enkel bei uns und sehe dann im Kalender, dass die nächsten Wochen verplant sind. Schlechtes Gewissen, Traurigkeit, Enttäuschung über die eigene Planung.

Oma werden ist nicht schwer, Oma sein dagegen sehr? Nein, dem Spruch kann ich wirklich nicht zustimmen. Ich genieße das gute Miteinander mit allen Enkeln und Kindern (auch Schwiegersöhnen) sehr. Und doch möchte ich stets allen gleichmäßig gerecht werden. Natürlich auch meinem lieben Mann, und gerade durch die unterschiedlichen Entfernungen auch allen Enkeln gegenüber.


Die heutigen Mütter kümmern sich mehr um „Selfcare“ als wir früher!


Gibt es Zufälle? Ich bekam letzte Woche ein Buch geschenkt mit dem passenden Titel: „Oma werden, Oma sein“* – wenn die Babyboomer Großmütter werden.

Ich lese spontan hinein und denke: Ja! Hier wird auf den Punkt gebracht, was mich bewegt. Und es wird Mut gemacht, auch mal „Nein“ zu sagen, wenn das Babysitten nicht passt. Das „Nein“ sagen fällt mir leicht, wenn ich beruflich feste Termine habe. Jeder private Termin aber wird sofort abgesagt, um für die Enkel beziehungsweise die Tochter da sein. Unser Kinder fragen deshalb inzwischen zuerst den Opa, ob der Termin auch wirklich passt. Ich schätze diese Fürsorglichkeit zwar, da sich die heutigen Mütter mehr mit dem Thema Selfcare beschäftigen als wir damals, und doch ist die Tatsache, dass mir die Enkel genau diese wundervolle Zeit des Selfcare geben.


Meine Enkel sind mein „Selfcare“-Programm!“


Ich tanke mit den Enkeln auf und ja, ich brauche danach auch mal eine kleine Ruhe-Pause … wir werden nicht jünger. Aber ich lebe mit den Lütten so im Hier und Jetzt, dass ich all die unfassbaren Dinge im Weltgeschehen ausblenden kann. Das ist mein Selfcare!

Beim Durchblättern des neuen Buches stolpere ich über den Satz: „Eltern erziehen ihre Kinder. Die Großeltern haben keinen Auftrag“. Da musste ich erst einmal schlucken. Ich möchte doch so viel an Werten und guten Manieren mitgeben. Und dann stellte sich ein unerwartet großartiges Gefühl der Erleichterung ein. Na klar, es kann so einfach sein: Du brauchst dir kein schlechtes Gewissen zu machen, dass du vielleicht an dem Wochenende noch mehr dieses oder jenes geübt haben könntest oder noch mehr Werte mitgeben könntest!


Heute gelten anderen Regeln. Gott sei Dank!


In der Tat haben die Töchter inzwischen in der Erziehung andere Regeln, als wir es früher hatten. Zum Glück ist mir bewusst, dass nicht alles früher besser war und ich durch meine konservative Erziehung anders geprägt worden bin als unsere Kinder. Gott sei Dank! Und ja, manchmal stolpere ich darüber, dass die Kleinen sich jedes Kleidungsstück zu Hause aussuchen dürfen und es lange Diskussionen geben kann.

Das ist hier bei Oma und Opa eben anders, weil es weniger Auswahl gibt. Auch andere Tischsitten werden sofort akzeptiert, weil wir erklären, warum dieses oder jenes bei uns so gilt. Dafür darf man natürlich hier auch mehr als bei den Eltern. Bei dem guten Verhältnis zu den Kindern, ist auch da die Kommunikation klar.

Ich lese gerade bei gut strukturierten Büchern gerne zuerst die hinteren Kapitel und freue mich im Zug morgen schon auf ein Kapitel zum Start: Trost und Verständnis für dein inneres Kind: „Erlaube dir, auf dich stolz zu sein.“ Da bin ich dabei. So wie sich die Enkel auf mich freuen, und so wie ich mich auf sie freue, scheint es ringsum gut zu laufen. Oma sein mag vielleicht nicht immer für alle leicht sein, aber es gibt auf jeden Fall viel herrliche Leichtigkeit und Liebe. Das können wir gerade in diesen Zeiten so gut gebrauchen.


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Oma werden, Oma sein
Der eigene Weg in ein gutes Miteinander mit Enkeln und Kindern
*
von Gundi Mayer-Rönne und Carina Manutscheri
erschienen im Beltz Verlag (September 2021)


Foto: Evgeny Atamanenko/shutterstock.com

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