„Ich lerne meine Enkel durch die Videochats noch viel besser kennen.“

Weit weg und doch ganz nah dran: Beim Videochat zeigt sich jede Reaktion in Nahaufnahme

So viele Wochen schon sollen Großeltern keinen direkten Kontakt zu ihren Enkelkindern haben. Und das Schlimmste: Noch immer ist ungewiss, wann endlich die erleichternde Nachricht kommt. Wann werden wir unsere Enkel wieder in den Arm nehmen, mit ihnen kuscheln und ohne schlechtes Gewissen spielen können? Auch Dreifach-Oma Corinna stellt sich diese Fragen. Hier schreibt sie auf, was ihr durch die Corona-Zeit hilft. Anderen Großeltern möchte sie mit ihren Erfahrungen Mut machen.


Am liebsten würde ich mich jetzt direkt ins Auto setzen und einfach hinfahren.


Vor ein paar Minuten kam die Anfrage: „Magst Du mal wieder was für Enkelkind.de schreiben?“ Es war genau der richtige Zeitpunkt.

Das Thema sollte „Mut machen“ sein. Und genau das brauchte ich gerade selber.

Ich hatte gestern meinen ersten richtigen „Corona-Blues“ und konnte nicht mal darüber lachen, als eine Freundin mich auf die Namensähnlichkeit zu Corinna aufmerksam machte, ein schlechtes Zeichen. Ja, fünf Wochen ohne die Lütten ist für mich als innig liebende Oma eine sehr, sehr lange Zeit und am liebsten würde ich mich jetzt direkt ins Auto setzen und einfach hinfahren. Am liebsten sofort gaaaanz lange knuffeln. Ja, und dann?! Meine Gedanken waren schon sehr ambivalent und beschäftigten mich intensiv.


Wenn Dir etwas passiert, werden die hinterher auch nicht mehr froh.


Soll denn alles bis jetzt umsonst gewesen sein? Die schützen doch dich und Opa als Risikogruppe und können ohne Anzeichen gerade den Virus in sich tragen. Wenn Dir etwas passiert, werden die hinterher auch nicht mehr froh. Ja und soll das jetzt noch Monate so weiter gehen? Und dann immer nur mit Mundschutz und Abstand mit den Enkeln spielen?

All diese Gedanken beschäftigen mich sehr. Der innere Jammerlappen braucht heute mehr, um endlich Ruhe zu geben. Gibt es eigentlich Zufälle? Soeben, während ich schreibe, ruft ein Sports-Freund meines Mannes an, der sich hier noch nie gemeldet hat. Er möchte gerne mal mit ihm schnacken, die Zeiten seien ja so besonders und der Sportabend fällt schon lange aus. Da mein Mann gerade beschäftigt war (natürlich im Haus, wo soll er schon hin, aber dort ist er stets alleine), kam ich also mit dem um einiges älteren Freund ins Klönen. „Ich erinnere mich noch, wie wir früher im Bunker warten mussten und alles oben dann total verändert war und wir uns erst wieder orientieren mussten. Es ging nur ums Überleben für uns alle … Dagegen wuppen wir diesen Virus doch gemeinsam und bleiben einfach mal separat.“

Das hat mich ziemlich geerdet und ich habe mir noch bewusster gemacht, wie gut es uns auch jetzt geht. Wir sind in unserer und in befreundeten Familien alle gesund.


Mit dem Großen spiele ich nachher wieder „Mausefalle“ per Skype.


Ich sehe meine Enkel in diesen Tagen tatsächlich öfter als im „normalen“ Leben! Ja, ich skype oder videochatte (fast) jeden Tag seit der Corona-Krise.

Und diese Zeit ist so wundervoll und intensiv und ich beobachte die Gesichter so nah in jeder Reaktion auf Vorgelesenes oder auch beim Kasperle-Theater. Ja, das werde ich heute gleich wieder nutzen. Ich freue mich schon darauf, auch mal wieder das Kamishibai aufzubauen. Dieses „Holz-Theater“ hat so schöne große Bilder zu bekannten Büchern. Ein schöne Abwechslung.

Vorlesen, Spielen, Rechnen üben: Per Videochat ist Vieles möglich!

Mit dem Großen (6) spiele ich nachher wieder „Mausefalle“ per Skype. Wir bauen gleichzeitig auf und legen parallel los und ziehen jeweils für den anderen mit. So, heute gewinnt auch mal meine Maus, hi hi … Ich merke gerade die Vorfreude auf dieses Match mit Ihm.

Und die kleine Schwester „liest“ so wunderbar die Texte mit … Sie ergänzt ganze Parts auswendig, faszinierend. Da werden es schnell mal 6 Bücher und mehr.

Mit der anderen Enkelin spiele ich wieder „Wer ist der Eierdieb“ mit den Plüschfiguren und freue mich schon darauf, wie sie mitfiebert am Bildschirm: „Andere Richtung, er lief dahin…!“. Dafür braucht es nicht einmal einen Rahmen, denn den gibt die Kamera schon vor. Das kann auch ein langer Spaß mit ähnlichen Spielvarianten werden. So habe ich das letzte Mal sogar 1,5 Stunden als Babysitter online agiert bei der Dreijährigen, während die Mama nebenan ein wichtiges Telefonat hatte.


Ich freue mich schon darauf, dass einmal meinen Urenkeln zu erzählen.


Jedes meiner drei Enkelkinder hat andere Vorlieben und ich lerne sie nun online auf eine andere, individuelle Weise besonders gut kennen. Diese innige Zeit genieße ich so sehr … Und jetzt freue ich mich richtig auf die nächsten Wochen. Ja, die Anfrage für diesen Text kam gerade im richtigen Moment.

Und sie hat natürlich die Vorfreude auf die nicht nur virtuelle gemeinsame Zeit erhöht. Vorfreude ist eine der schönsten Freuden und ich möchte meine Lütten mit ringsum guten Gefühl wieder live sehen. Die Zeit wird sicher kommen … Und diese innige Zeit jetzt, mit den intensiven Telefonaten und Videos, wird uns auch niemand mehr nehmen. Und das ist gut so! Unsere Oma-Generation hat mit den Enkeln in der Zeitgeschichte eine einmalige Chance. Wahre Werte werden deutlich, für die Umwelt wird durch diese Pandemie so viel Gutes getan und wir schützen und helfen uns gegenseitig. Ich freue mich schon darauf, dass einmal meinen Urenkeln zu erzählen… (mein Optimismus ist wieder da!).

Fotos: shuterrstock.com/Maria Symchych

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1 Comments

  1. says: Wanderwuff

    Miniwuff (2,5 Jahre) zeigt Oma jetzt immer seine liebsten Bücher, Spiele, Puzzle, usw über die Kamera, läuft mit dem Handy durch die Wohnung und erklärt. Und ihr Lieblingsspiel ist „Was hast du heute gemacht?“ Und dann erzählen sie sich alles, was sie an diesem Tag schon gemacht haben. Das ist sehr niedlich.

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