Mit dem Enkelkind ins Museum: Das Deutschlandmuseum in Berlin

Deutschlandmuseum Berlin, Foto: David Weyand CC BY-ND 4.0

Museen sind nichts für Kinder? Von wegen: In diesem Museum darf alles angefasst und ausprobiert, ja sogar herumgeklettert werden! Das Deutschlandmuseum in Berlin lädt ein zur Zeitreise durch 12 Epochen. Und das beste: Zu vielen der Themen können Großeltern ihre ganz eigenen Geschichten erzählen. So wird der Museumsbesuch zum unvergesslichen Ereignis für Oma, Opa und Enkelkind.


Eine Zeitreise? Das klingt aufregend in Kinderohren! Wenn da nur das Wort „Museum“ nicht wäre … „Da darf man nichts anfassen. Und man muss leise sein.“ So beschreiben unsere Redaktionskinder, 7 und 10 Jahre alt, ihre Assoziationen zum Thema „Museum“. Bei einem Ausflug zum Deutschlandmuseum werden sie herausfinden: Es geht auch ganz anders!

12 Epochen in 12 Räumen

Jeder Raum im Deutschlandmuseum soll dabei helfen, in eine andere Epoche einzutauchen. Nicht durch gerahmte Bilder an der Wand oder Exponate in Vitrinen, sondern durch ein „Rundum-Erlebnis“: Jeweils der gesamte Raum ist eingerichtet und dekoriert wie ein Ort aus der jeweiligen Epoche.

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Digitale Stationen: In jedem der 12 Räume kann man über Bildschirme mehr über die jeweilige Epoche erfahren.

Unsere „Zeitreise“ beginnt im Jahr 9 nach Christus: Im ersten Raum des Museums ist der Teutoburger Wald nachgebaut, in dem die Varusschlacht stattfand. Hier fällt mir zum ersten Mal die Kombination aus „echten“ Kulissen und Bildschirmanimationen positiv  auf: Während ich mit den Kindern durch den Wald gehe, huschen auf Bildschirmen hinter den Bäumen Kämpfer der römischen Legionen und des germanischen Heers durch die Schatten. Ein beeindruckender Effekt, der die Kinder sofort fasziniert.

Dieser Effekt wird im übernächsten Raum noch einmal besonders deutlich: Nachdem wir im „Frühmittelalter“ auf einem mit aufwändigen Schnitzereien versehenden animierten Karten­tisch die Entwicklung Europas und die Gründung des Heiligen Römischen Reichs veranschaulicht bekamen, führt uns der dritte Raum direkt ins Hochmittelalter – und zwar in ein Burgzimmer!

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Im dritten Raum betritt man eine „echte“ Mittelalterburg, durch deren Fenster man ins Mittelalter zurückschauen kann.

Schaut man hier durch die Burgfenster, erlebt man auf Bildschirminstallationen das Zeitalter „hautnah“ und kann einen Blick sowohl auf die Sonnen­seite als auch auf die Schatten­­seiten des Mittelalters werfen.

Anfassen ausdrücklich erlaubt

Was uns besonders gut gefällt: Die Kinder dürfen tatsächlich alles anfassen und selbst ausprobieren. Die wenigen Exponate, die nicht berührt werden dürfen, sind hinter Glas gesichert. So hat man als Aufsichtsperson nie das Gefühl, den Kindern auf die Finger schauen zu müssen: Es kann nichts passieren!

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Das Highlight für die Kinder: Diese Maschine druckt echte Lesezeichen, die man mit nach Hause nehmen darf.

Im nächsten Raum, eine Buch­druck­werkstatt des 16. Jahrhunderts, darf sogar eine Maschine bedient werden: Die interaktive Gutenberg-Druckpresse spuckt echte, personalisierte Lesezeichen mit dem eigenen Anfangsbuchstaben aus. Ein Souvenir, das in anderen Museumsshops mehrere Euro kostet, gibt es hier für jedes Kind (und jeden Erwachsenen) als Andenken gratis.

Einen Raum weiter wird das Deutschlandmuseum dann fast zum Indoor-Spielplatz: Hier dürfen die Kinder auf einem riesigen Kopf des Philosophen Kant herumklettern. Die wichtigsten Köpfe des „Zeit­alters der Vernunft“ werden rundherum vorgestellt. Ich beobachte, wie ältere Kinder sich die Informationen interessiert mit ihren Eltern und Großeltern anschauen und erklären lassen, während die jüngeren die Zeit zum „Klettern auf Kant“ nutzen. So sind alle beschäftigt!

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Immanuel Kant auf der Nase herumtanzen: Im Deutschlandmuseum ist das möglich!

Das Ende Napoleons, Vormärz, Bieder­meier, Revolution, Studenten­­­bünde, Flicken­­­teppich, Einigungs­­kriege: Das lange Neunzehnte Jahr­hundert bildet den sechsten Raum des Museums. Und dann wird es plötzlich richtig intensiv: Im siebten Raum finden wir uns in einem Schützengraben des 1. Weltkriegs wieder. Die Kinder sind fasziniert von der Großformat-Projektion, die das verwüstete Niemands­land der West­front zeigt, und werden plötzlich ganz leise.

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Mit einem Graben­periskop kann man aus dem Schützengraben heraus an die Westfront blicken.

Bis ein „Bombeneinschlag“ uns aus der Ruhe reißt: Durch die Soundeffekte habe ich den Eindruck, den Einschlag nicht nur zu hören, sondern wirklich zu spüren. Ein beklemmendes Gefühl, und für mich als Erwachsene der intensivste Raum des gesamten Museums.

In jedem Raum eine andere Stimmung

Deutlich fröhlicher wird es im achten Raum, in dem uns eine Einkaufs­galerie der Zwanziger Jahre empfängt: Swingtanzende Holo­graphien und ein interaktives Kriminal­spiel sind High­lights dieses Raumes. Und die Auflockerung tut gut, denn schon geht es weiter mit dem dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.

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Gesichtslose Silhouetten im Schlag­licht verbunden mit Sound­installationen zeigen die Gefahr des Populismus.

Hier wird mir als Erwachsene schnell klar, wie unterschiedlich dieser Museumsbesuch sich gestalten kann, je nach Alter der Kinder, die einen begleiten: Während der Zehnjährige fasziniert Fragen stellt, interessiert über Hitler und den Holocaust sprechen möchte, fühlt die Siebenjährige sich im Schatten der bedrohlichen Silhouetten eher unwohl und möchte schnell in den nächsten Raum weitergehen.

Wir landen in einer Wirtschafts­wunder­wohnung mit Wohn­zimmer, Küche und einem animiertem Panorama der Lichter der Groß­stadt. Die Kinder kichern über die Einrichtung – ich entdecke Gegenstände, die mir wunderbar vertraut vorkommen und mir ein Lächelns ins Gesicht zaubern.

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„Deutsche Teilung“ ist das Thema des zehnten Raumes im Deutschlandmuseum.

Auch in dieser Wohnung dürfen die Kinder alles anfassen, Schränke öffnen, Knöpfe drehen, sogar mit dem alten Kabeltelefon spielen. Dabei entdecken sie jede Menge liebevolle Details, mit denen die Wohnung und das zugehörige Treppenhaus versehen wurden …

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Wo könnte Frau Schmidt wohl sein …? Die Nachbarn haben sie schon lange nicht mehr gesehen …

Im elften Raum werden schließlich die durch den Eisernen Vorhang getrennten deutschen Staaten präsentiert, bevor es im zwölften und letzten Raum über einen echten S-Bahn-Waggon zurück ins Jahr 2024 geht. Während der „Fahrt“ werden in den Fenstern der S-Bahn Videozusammenschnitte verschiedenster Ereignsisse gezeigt, von der Euphorie des Mauer­falls über die Love­parade bis zur Flüchtlings­welle 2015.

Nach etwa anderthalb Stunden ist unsere „Zeitreise“ beendet. Und wir alle, Groß und Klein, gehen mit vielen schönen und intensiven Eindrücken nach Hause – und mit ganz neuen Gesprächsthemen! Hatte Oma auch so ein lustiges Telefon mit geringelter Schnur? Hat Opa den Nationalsozialismus noch erlebt? Und war sein Opa wirklich selbst in so einem Schützengraben? So viele Fragen, wie mir heute gestellt werden, kann ich gar nicht auf einmal beantworten – wie gut, dass dafür noch jede Menge Zeit ist!

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Das Deutschlandmuseum am Leipziger Platz in Berlin.

Unser Fazit

Ein Museum wie kein anderes: Das Deutschlandmuseum hat bei uns Groß und Klein gleichermaßen fasziniert. Die anderthalb Stunden fühlten sich an wie eine Mischung aus Rollenspiel, „Escape Room“, Geschichtsstunde und Indoor-Spielplatz. Am Ende waren Kinder und Erwachsene gleichermaßen ein bisschen schlauer – und allesamt rundum zufrieden mit dem Museumsbesuch der besonderen Art.


Über das Deutschlandmuseum

Direkt am Leipziger Platz in Berlin, mitten auf dem ehemaligen Todesstreifen gelegen, befindet sich das Deutschlandmuseum. Es wurde erst 2023 eröffnet und hat bereits (als einziges deutsches Museum) den sogenannten „THEA Award for Outstanding Achievement“ erhalten. Das Museum ist an 365 Tagen im Jahr von 10 bis 20 Uhr geöffnet. Tickets kosten zwischen 11 und 21 Euro (ermäßigt zwischen 8 und 14 Euro), Kinder unter 6 Jahren haben freien Eintritt.

Bildmaterial: privat, Deutschlandmuseum Berlin, Foto: David Weyand CC BY-ND 4.0

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