Gebrauchte Kinderprodukte zu kaufen ist eine großartige Möglichkeit, Geld zu sparen und gleichzeitig etwas für die Umwelt zu tun. Allerdings gibt es einige Dinge, auf die man achten sollte, um sicherzugehen, dass die Qualität stimmt und man keine bösen Überraschungen erlebt. Wir haben Second-Hand-Expertin Doris Schoger, Gründerin des Online-Marktplatzes Tildi, gefragt, worauf man achten muss, wenn man speziell für Kinder gebrauchte Dinge kauft.
Enkelkind.de: Frau Schoger, worauf sollten Großeltern achten, wenn sie gebrauchtes Spielzeug oder Second-Hand-Kleidung für ihre Enkelkinder kaufen?
Doris Schoger: Der erster Tipp lautet: Achten Sie auf den Verkäufer, die Bilder und Beschreibung sowie die Plattform, auf der ich etwas kaufe. Passt das alles zusammen?
Kleinere Second-Hand-Läden sind zum Beispiel super, nur leider ist das Sortiment oft begrenzt. Auf Marktplätzen, auf denen Privatpersonen an andere Privatpersonen verkaufen, kann man Glück, aber eben auch Pech mit seinem Kauf haben. Hier kann es passieren, dass das Produkt nicht der Beschreibung entspricht, oder man im schlimmsten Fall gar keine Ware erhält.
Ein weiterer Punkt ist die unübersichtliche Auswahl in vielen Online-Shops. Häufig ist die Produktauswahl auf eine Kategorie beschränkt, sodass man zum Beispiel in einem Shop nur Kleidung und auf einem anderen nur Spielzeug findet – eine große Vielfalt an gebrauchten Produkten unter einem Dach zu finden, ist eher die Ausnahme.
Unser Tipp: Achten Sie darauf, dass das Produkt sorgfältig geprüft wurde und achten Sie darauf, bei einem Anbieter zu kaufen, dem Sie vertrauen. Bilder, Beschreibungstexte und ein objektiver Preis sind Indizien für ein authentisches Angebot.
Auf dem Flohmarkt kann man Dinge in die Hand und in Augenschein nehmen. Woher weiß ich beim Online-Kauf gebrauchter Dinge, dass diese wirklich intakt und korrekt beschrieben sind?
Der Flohmarkt ist natürlich unschlagbar, weil man die Produkte direkt begutachten und sofort sehen kann, ob sie den eigenen Erwartungen und Ansprüchen entsprechen. Aber er hat auch seine Einschränkungen: Es gibt kein festes Sortiment. Bedarfskäufe lassen sich schlecht über den Flohmarkt decken.
Ein gewerblicher Händler muss gesetzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht anbieten. Das bedeutet, Sie können das Produkt innerhalb von zwei Wochen zurückschicken, falls es nicht Ihren Erwartungen entspricht oder einen Mangel aufweist. Das bedeutet, Sie haben auf alle Funktionen, die nicht explizit als mangelhaft beschrieben wurden, als Sie das Produkt gekauft haben, eine Gewährleistung.
So können Sie beim Kauf von Second-Hand-Ware sicher sein, dass Sie nicht nur eine gute Qualität bekommen, sondern auch rechtlich abgesichert sind – ein klarer Vorteil im Vergleich zu einem privaten Verkauf auf einem Flohmarkt oder einer Plattform wie Kleinanzeigen oder vinted.
Warum sind Markenprodukte, wie Elemente von Stapelstein, oder die Tonies-Hörfiguren, gebraucht immer noch so teuer? Spart man da wirklich?
Einige Markenprodukte bleiben auch gebraucht relativ teuer, weil sie eine hohe Nachfrage haben und das Angebot noch begrenzt ist. Das bedeutet, dass die Marktsättigung noch nicht erreicht ist – insbesondere bei beliebten Marken wie Stapelstein oder Tonies. Diese Produkte behalten ihren hohen Wiederverkaufswert, da viele Käufer bereit sind, für die Qualität und das markenspezifische Erlebnis zu zahlen.
Auch hochqualitative Holzspielzeuge, wie zum Beispiel Grimm’s oder Graphat, gehören zu diesen Marken, deren Wert stabil bleibt. Sie sind nicht nur langlebig, sondern auch sehr begehrt, sodass der Markt für gebrauchte Produkte noch immer relativ hochpreisig bleibt.
Trotzdem kann man im Vergleich zu Neuwaren durchaus sparen – auch wenn der Rabatt auf gebrauchte Produkte bei diesen Marken im Vergleich zu anderen nicht riesig ist. Bei uns spart man etwa 10–20% auf den UVP, was immer noch ein gutes Geschäft ist, vor allem wenn man bedenkt, dass diese Produkte eine lange Lebensdauer haben und fast für den gleichen Preis erneut weiterverkauft werden können.
Bei welchen Produkten kann man Ihrer Erfahrung nach am meisten sparen, wenn man sie fürs (Enkel)Kind gebraucht anschafft? In welchen Kategorien besteht das größte Spar-Potenzial?
Das größte Sparpotenzial liegt definitiv bei der Erstausstattung beziehungsweise bei Ausstattung allgemein: Kinderwagen, Babytragen, Federwiegen bis hin zu Fahrrädern. Diese Artikel werden häufig nur für eine kurze Zeit genutzt und sind daher besonders geeignet, um sie gebraucht zu kaufen. Ein großer Vorteil ist, dass man auf Plattformen wie unserer nur Produkte findet, die geprüft und gewartet und gewaschen wurden – das bedeutet, sie wurden aufbereitet, sodass sie in einwandfreiem Zustand sind und oft auch mit einer Garantie versehen werden.
Beispielsweise kann man bei einem hochwertigen Kinderwagen, der möglicherweise nur wenige Monate im Einsatz war, bis zu 40–50% des Neupreises sparen. Bei einer Federwiege liegt das Sparpotenzial bei etwa 30%. Das ist besonders sinnvoll, weil man oft nicht weiß, wie intensiv das Kind solche Produkte wirklich nutzen wird. Manchmal kommt es vor, dass ein Kind die Trage bevorzugt und der Kinderwagen nur selten verwendet wird oder dass das Kind direkt auf einen Buggy umsteigt.
Auch bei Auslaufmodellen von Kleidung und Spielzeug kann man enorm sparen – oft 50% oder mehr. Diese Produkte sind meist nicht mehr die neuesten Modelle, aber gerade bei Kindern spielt das keine große Rolle, da sich die Produkte in der Regel nicht wesentlich von Saison zu Saison verändern. Wichtig ist, dass die Qualität stimmt und sie in gutem Zustand sind, beziehungsweise von einer Marke mit guter Qualität.
Gibt es Dinge, die man auf keinen Fall gebraucht kaufen sollte?
Grundsätzlich gibt es kaum etwas, das man nicht gebraucht kaufen sollte, solange das Produkt sorgfältig geprüft wurde und in gutem Zustand ist. Es gibt jedoch zwei Kategorien, bei denen besondere Vorsicht geboten ist: Autositze und Helme.
Bei Kinderautositzen und Helmen kann man nach dem Einsatz nicht immer sicherstellen, dass sie keine Schäden oder Mängel haben, die ihre Schutzwirkung beeinträchtigen könnten. Aus diesem Grund bieten wir diese Produkte nicht gebraucht an. Es ist schwierig, nach dem Gebrauch durch Endkunden zu garantieren, dass sie noch die volle Sicherheit bieten.
Was Schuhe betrifft, kann man durchaus auch gebrauchte Paare kaufen – allerdings nur, wenn sie gut erhalten sind. Besonders wichtig ist, dass das Fußbett nicht stark abgenutzt oder verformt ist, da dies den Komfort und die Unterstützung beeinträchtigen würde. Wir bieten deshalb nur Schuhe an, die in einwandfreiem Zustand sind und bei denen das Fußbett nicht übermäßig abgenutzt ist. Kinder sind zudem noch leicht, weshalb in den meisten Fällen keine gravierenden Abnutzungserscheinungen auftreten.
Ist es für das Kind nicht wichtig, dass das Spielzeug „neu“ und ungebraucht ist?
Das ist eine interessante Frage. Aus meiner Sicht müssen Kinder nicht unbedingt „neue“ Spielsachen haben. Tatsächlich finde ich es großartig, dass Kinder heute oft ein anderes Bewusstsein entwickeln und es sogar richtig cool finden, wenn Spielsachen ein zweites Leben bekommen. Ich denke, das zeigt eine tolle Entwicklung: Immer mehr Kinder verstehen, dass es nicht immer das Neueste sein muss, sondern dass Dinge auch schon für andere Kinder von Bedeutung waren.
Wir sind über Jahrzehnte hinweg von der Idee geprägt worden, immer mehr zu konsumieren und ständig alles neu zu kaufen, nur weil wir es uns leisten können oder wollen. Doch ein Holzzug, ein Kinderteller oder ein Spielzeug sind dafür gemacht, von vielen Kindern genutzt zu werden. Sie sind Teil eines Kreislaufs, in dem Dinge weitergegeben und weiterverwendet werden.
Wenn Eltern und Großeltern anfangen, Spielsachen zu verschenken, die vielleicht schon eine Gebrauchsspur haben, vermitteln sie eine wichtige Botschaft: Es muss nicht für jeden immer etwas neu produziert werden. Oft gibt es schon alles, was man braucht – es muss nur wiederentdeckt und weitergegeben werden. Dieser Gedanke hinterfragt auch die ganze Konsumkultur. Nicht immer das Neueste zu haben, sondern zufrieden zu sein mit dem, was bereits da ist, fördert einen nachhaltigeren Umgang mit Ressourcen und regt zu mehr Bewusstsein für den Wert von Dingen an.
Also, um es kurz zu sagen: Nein, Kinder brauchen keine neuen Spielsachen. Das Konzept von „neu“ und „gebraucht“ ist für sie oft noch gar nicht so relevant – wichtiger ist die Freude am Spiel.
Warum hadern viele Menschen noch mit dem Kauf gebrauchter Kleidung und Spielsachen? Was muss passieren, damit zum Beispiel der Kauf gebrauchter Bettwäsche genauso selbstverständlich wird wie das Schlafen in Hotelbettwäsche, in der ja schon viele Menschen vor einem geschlafen haben?
Man muss das Narrativ dazu ändern, also die Art und Weise, wie wir darüber denken und reden. Second-Hand hat seinen Ursprung im Mangel, während zum Beispiel Hotelwäsche im Luxusbereich angesiedelt ist. Der Kontext ist ein anderer: Bei Second Hand können wir uns Neuware nicht leisten, bei zweiterem haben wir genug Wohlstand, um uns ein Hotel leisten zu können. Aber es handelt sich um dasselbe: gebrauchte Bettwäsche.
Dieses Beispiel verdeutlicht aber noch mehr: Hotelbettwäsche ist in der Regel von hoher Qualität, dick und wurde fachmännisch gewaschen und geprüft, bevor sie wieder auf das Bett kommt. Und genau diesen Standard müssen wir uns auch bei Second-Hand-Produkten leisten, um das Narrativ zu ändern. Wir leisten uns die Qualitätskontrolle und die gute Qualität, mit dem Vorteil, dass es günstiger ist als Neuware und gleichzeitig Ressourcen spart – ein Doppelgewinn.
Über Tildi
Tildi ist eine Plattform zum An- und Verkauf von Kleidung, Spielzeug und Ausstattung für Kinder. Doch nicht nur gebrauchte Waren von Privatpersonen werden hier angeboten, sondern auch Retouren, Auslaufmodelle und B-Waren von Unternehmen – alles zu einem günstigen Preis. Tildi wurde 2023 von Doris Schoger und Sofie Morber in München gegründet und verfolgt das Ziel, nachhaltigen Konsum im Kinderbereich zu etablieren. Die Plattform setzt auf hochwertige Produkte und bietet Eltern eine einfache und ressourcenschonende Möglichkeit, eigene Kinderartikel einzusenden und die benötigten Kinderartikel zu erwerben.
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